Was ist eine Philosophische Praxis? Wie Philosophie im Leben helfen kann

Seit den 1980er Jahren etablieren sich, angeregt durch Gerd B. Achenbach, weltweit Philosophische Praxen, die eine besondere Form der Lebensberatung anbieten. Es ist aber längst nicht klar, wie Philosophie im Leben konkret helfen kann und was eine Philosophische Praxis ist. Im Folgenden zeige ich daher ihren spezifischen Nutzen auf.

Die Idee der Philosophischen Praxis

Konrad Paul Liessmann erklärt die Philosophische Praxis und den Studiengang dahinter im folgenden Video:

 

Die Idee der Philosophischen Praxis passt zu meiner Auffassung des Faches. Hier gebe ich eine Definition von Philosophie und eine Einführung für Anfänger.

 

Im Folgenden zeige ich ein Muster auf, das verdeutlicht, wie Philosophie in der Praxis helfen kann.

Leistungsversprechen der Philosophischen Praxis: Schädliche Überzeugungen erschüttern und nützliche aufbauen

Ersetzen von Unzufriedenheit durch Souveränität. Das Ziel erreicht ein Philosophischer Praktiker, indem er gemeinsam mit dem Kunden neue Denk- und Handlungsräume und damit Gefühle erschließt.

 

Im Einzelnen ein Beispiel für das, was Philosophie leisten kann, wenn ein Leiden vorliegt:

Ausgangssituation

Jemand ist unzufrieden und leidet.

 

Diese Unzufriedenheit und das Leid haben eine externe und eine interne – psychische, gedankliche – Komponente: Der externe Impuls wird intern zu Unzufriedenheit sowie Leid weiterverarbeitet.

 

Auf den externen Impuls übt die Philosophie keinen direkten Einfluss aus, manchmal eventuell einen indirekten. Auf die interne Weiterverarbeitung hingegen kann sie direkt einwirken, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

 

Denn diese interne Weiterverarbeitung geschieht durch Überzeugungen, die der Mensch hat. Wenn die Überzeugungen positiv verändert werden, steigert sich das Wohlbefinden des Menschen.

Lösungsschritt 1: Defensive

Diese Überzeugungen hinterfragt der philosophische Praktiker.

 

Dafür stehen ihm grundsätzlich zwei Wege zur Verfügung, die auch kombiniert werden können:

  1. Er attackiert die Worte, in denen sie beschrieben werden.
  2. Er attackiert die Argumentation, auf der sie beruhen, indem er bestreitet, dass die Gründe wahr sind, und/oder indem er zeigt, dass die logischen Folgerungslizenzen von den Gründen zur Überzeugung nicht erteilt werden können.

So schwächt er die Überzeugungen und öffnet neue Denkräume. Für diese Phase hält die philosophische Tradition zu vielen Lebensthemen Ideen bereit.

Lösungsschritt 2: Offensive

Diese Denkräume erschließt er, indem er zusammen mit seinem Kunden Alternativen entwickelt, das heißt neue Perspektiven und Beschreibungen, die eine lebbare Position darstellen und aus denen gegebenenfalls neues Handeln und Verhalten möglich ist. Hier kann er ebenfalls aus dem Fundus der Philosophiegeschichte schöpfen und selbstverständlich gänzlich neue, zum jeweiligen Kunden passende Lösungen finden.

Vermutungen über die Realität der Philosophischen Praxis

Die Einzelgespräche, wie ich sie hier geschildert habe, scheinen nur einen untergeordneten Teil der Arbeit eines Philosophischen Praktikers darzustellen. Wirtschaftlich bedeutender werden Vorträge vor größerem Publikum sein, zum Beispiel in Volkshochschulen, philosophischen Cafés oder für andere Gruppen.

 

Hier kommt es darauf an, weit verbreitete Unzufriedenheiten, Leiden und Überzeugungen zu den verschiedenen Themen zu finden, um dann die Schritte, wie oben skizziert, zu gehen und so möglichst viele Teilnehmer anzusprechen – und vielleicht den einen oder anderen für Einzelberatungen zu gewinnen.

 

Ich nehme an, dass aufgrund der zunehmenden Gesundheit und der längeren Lebensspanne der Bedarf an Philosophischer Praxis steigen wird: Es gibt eine wachsende Anzahl geistig fitter Senioren, die Zeit haben und hoffentlich motiviert sind, sich mit grundlegenden Fragen des Lebens zu befassen.

Nützliche Links und ein weiteres Video zur Philosophischen Praxis

Artikel im Philosophie-Magazin HOHE LUFT

 

Eine Beschreibung der Gesellschaft für Philosophische Praxis.

 

Mit Hannes Weinelt kommt im folgenden Video ein philosophischer Praktiker zu Wort, der von seinem beruflichen Alltag berichtet und seine Tätigkeit beschreibt:

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