Dittsche im Bademantel: Ein Anhänger des Dudeismus wie "The Big Lebowski"? Inkl. Buchtipp Olli Dittrich

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Buchtipp Olli Dittrich: Das wirklich wahre Leben

Im Jahr 2014 war 10-jähriges Dittsche-Jubiläum! Und wir haben es verpennt. Zum Elfjährigen hier jetzt zügig eine philosophische Würdigung inkl.Buchtipp der großen TV-Figur. Ist sie mit ihrem charakteristischen Bademantel(Affiliate Link) ein Anhänger des entspannten, ehrgeizlosen Dudeismus aus dem Film „The Big Lebowski“?

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Welterklärer in Bademantel

So sieht der "Hamburger Bademantel" aus, der dem von Dittsche sehr ähnelt.

Seit 2004 steigt Olli Dittrich in die Rolle von Dittsche, des sympathischen Bademantelträgers, der, Bierflasche in der Hand, Arm auf dem Tresen, aus dem kleinen Hamburger Imbiss Eppendorfer Grillstation heraus die Welt erklärt. Dittsche gibt allwöchentlich die wichtigsten Hintergrundinformationen zu den Headlines der Bild-Zeitung preis, und seine Fähigkeit, auch die versteckten Zusammenhänge zwischen scheinbar vollkommen voneinander unabhängigen Tatsachen zu erkennen, versetzt das von den verknäuelten Einzelsträngen des Lebens überforderte Publikum in heitere Beruhigung: Endlich Über- und Durchblick in einer immer komplexeren Welt.


Nichts liegt Dittsche dabei ferner, als diese Komplexität durch einfache Formeln wegzuerklären und damit einem unverantwortlichen Reduktionismus gefährlich zuzuarbeiten. Im Gegenteil: Keine intellektuelle Untiefe lässt er aus, bei keinem gedanklichen Schlenker wird ihm schwindelig und kein noch so dunkles Themenfeld macht ihm Angst. Mutig hangelt er sich von Faktum zu Faktum, und niemals muss er sich nachsagen lassen, vor den oft unglaublichen Konsequenzen zurück zu schrecken.

Ignoranten der Umwelt

Da Einsamkeit bittere Konsequenz großer intellektueller Höhe ist und wir mit unseren besten Helden ohnehin rigoros umgehen, ist es nicht verwunderlich, dass auch Dittsche von seinen Mitmenschen häufig Zurückweisung erfährt und weit von der Anerkennung entfernt bleibt, die ihm eigentlich gebührt. Erstaunlicherweise zeigt er sich von dieser ihn umgebenden Borniertheit nicht im Mindesten beeindruckt und fährt unerschrocken fort mit seinen inspirierenden geistigen Luftsprüngen.


Er bleibt in einem umfangreichen Sinne an der Welt interessiert, lässt sich von ihr auf immer neue Wege der Erkenntnisgewinnung locken und entfaltet seine inneren Produktivkräfte, indem er unermüdlich Ideen zur Verbesserung oder wenigstens Erklärung dieser Welt entwirft. Die Tatsache, dass ihm seine Zeitgenossen ständig den ihm zustehenden Ernst verweigern, kann ihn nie wirklich zurück werfen. Schon bald verblüfft er sie mit neuen „Weltideen“, die immer fußen auf äußerst überraschenden Einsichten in geheime Gesetzmäßigkeiten hinter den oberflächlichen Geschehnissen und auf unbewussten Bedürfnissen in den Tiefen der Menschenseele.

Dittsche braucht die Zustimmung der Ignoranten nicht

Wichtig ist ihm nicht die Zustimmung seines beschränkten Umfeldes, sondern das eigene Verflochtensein mit der Welt, das seinen Gedankenfluss sichert und ihm regelmäßig kreative Einfälle und Erfindungen garantiert. Und auch wenn die Welt noch nicht bereit ist, die wahre Bedeutung seiner Stringenz zu begreifen, und er darum zu fast 100 Prozent scheitert, überlässt er sich niemals der Frustration und Verzweiflung. Unbeeindruckt von den Blockierern und Bremsern, die überall lauern, macht er sich, Zug um Zug die Bierflaschen leerend, weiterhin seine Gedanken im Abenteuer seines Lebens.

Der Unterschied zum Dudeismus

Das unterscheidet ihn, bei aller kleidungsstilistischen Ähnlichkeit, von den Anhängern des Dudeismus (basierend auf dem Film „The Big Lebowski“), die zwar auch gesellig sind, es aber unterlassen, ihre Mitwelt ständig anstrengend zu behelligen und zu überzeugen. Überdies will Dittsche zu viel, er kann sich nicht lösen von den alltäglichen Geschehnissen, im Gegenteil: Nachrichten sind sein Beweis, dass er am Leben beteiligt ist.

Worin er den Dudeisten dennoch ähnelt

Niemals käme Aufgeben in Frage, wenn es um die Weitergabe seines Wissens geht. Wohlwollend und getragen von unendlicher Menschenliebe widmet er sich der mühevollen Überzeugungsarbeit – etwa in Gegenwart des ungelehrigen Imbisswirtes Ingo, dem wohl größten väterlich-kritischen Bedenkenträger seines Umfeldes.


Die Kraft, sich dem geballten Unverständnis Woche für Woche entgegen zu setzen, speist sich dabei aus seinem innigen und niemals erlöschenden Interesse an der Welt, das ihm echte Steherqualitäten verleiht und ihn immer, wenn auch oft erst zum Schluss, obenauf schwimmen lässt. Alles verständnislose Kopfschütteln prallt spurlos an ihm ab, genau wie bei den Dudeisten. Niemand kann ihm was. Wir müssen uns Dittsche als glücklichen Menschen vorstellen.

Die Wirkungsstätte des berühmtesten Arbeitssuchenden Deutschlands

Ein unscheinbarer Eingang in Hamburg. Ja, wirklich: ganz normaler Imbiss. Nur dass sonntags geschlossen ist. Drinnen drei Bier trinkende Kerle, die uns schmunzelnden Blickes verfolgen. Wir fallen sofort auf, jeder weiß, was uns hier her treibt. Einmal alles angucken, einmal essen und vielleicht noch ein Bier.

 

Auffällig saubere Arbeitsflächen, davor auffällig freundliche und lebensbejahend aussehende Imbisswirte. Möglicherweise aus Indien. Vermutlich heißt keiner von ihnen Ingo. Der eine lächelt so, wie der andere Deutsch spricht: nett. Ich suche nach Spuren, werde bald fündig: eine 40 cm mal 30 cm große Fotofläche. Gottschalk, Engelke und ein Klitschko, dazwischen das Dreh-Team. Ein zerknittertes Foto von Harald Schmidt steckt auf Hüfthöhe vor verschiedenen Getränkeflaschen.

 

Die etwas verwüstet aussehenden Biertrinker sprechen uns freundlich an, bisschen Small-Talk. Sehr angenehm. Nachdem eine offensichtlich wohlhabende Frau (Pelzmantel) ihre Bestellung bezahlt hat (100 Euro-Schein), sind wir an der Reihe. Ich esse ein Schnitzel mit Pommes und bisschen was dabei, danach einen Cheeseburger. Sehr lecker, besonders das Schnitzel.

 

Wir speisen am Fenster, rechts von dem Platz, wo gerade die Biertrinker sitzen und sonst immer „Schildkröte“ eine halbe Stunde stumm die Wand bestarrt. Keine Fanartikel, keine auf die Sendung hinweisenden Schilder, keine Spaßvögel in Bademänteln. Auch keine Sprüche. („Das perlt aber!“; „Ein reiner Titan!“; „Moch mir ma no’n Bier!“ etc.) Beim Bezahlen will ich wissen: „Müssen Sie viele Fragen beantworten?“ Der Wirt winkt lächelnd ab. „Unendlich viele.“ Dann bietet er an, ein paar charakteristische Fotos zu machen. Ich an der Theke, mit Bierflasche („Dittschberger“, unverkäufliche Sorte). Genau die Haltung, in der regelmäßig sonntagabends die Woche besprochen wird.

 

Die Eppendorfer Grill-Station: völlig unspektakulär, sehr entspannt und auch sonst wie im Fernsehen. Nur viel kleiner.Werbung

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